SICHERHEIT
Nach einem erschütternden Messerangriff an einem Berufskolleg in Essen diskutiert die Stadt über Konsequenzen. LICHT Essen fordert wirksame Prävention statt Symbolpolitik, Stigmatisierung und Überwachung – mit dem Fokus auf sozialer Gerechtigkeit und echter Sicherheit für Schüler und Lehrkräfte.
Pädagogik statt Kontrollwahn
Essens Oberbürgermeister, Thomas Kufen, hat in typischer CDU-Manier erklärt, er wolle „dem Messer den Kampf ansagen“. Dabei handelt es sich jedoch um hilflose Symbolpolitik.
„Es ist doch klar, dass ein Messer erst dann eine Waffe wird, wenn es dazu gemacht wird“, kommentiert Farwa Ahmadyar, Spitzenkandidatin von LICHT Essen und selbst im pädagogischen Bereich tätig. „Im Fokus der Prävention muss der Mensch stehen, nicht die vielen Alltagsgegenstände, die Menschen als Waffe nutzen können.“
Gewalt an Schulen sei ein ernstes Problem, so Ahmadyar.
„Doch die Lösung liegt nicht in mehr Kameras oder strengeren Regeln. Was wir brauchen, sind mehr Mediatoren, mehr Schulsozialarbeiter und mehr Schulpsychologen. Studien zeigen, dass solche präventiven Programme Gewalt um bis zu einem Viertel senken können. Das ist deutlich wirksamer, als wenn wir Schulen nur technisch absichern.“
Kameras könnten ohnehin nur beobachten, aber nicht verhindern. Gleichzeitig erzeugten sie ein Gefühl des Misstrauens. Ähnliches gelte für Taschenkontrollen, die nicht nur aufwändig und teuer, sondern auch ineffizient seien.
„Statt eines sicheren pädagogischen Umfelds werden damit feindliche Räume des Überwachung und Kontrolle geschaffen“, kritisiert Ahmadyar darüber hinaus. „Wirkliche Prävention entsteht, wenn wir Schülerinnen und Schüler in ihrer Lebensrealität abholen, sie stärken und begleiten. Dafür braucht es Vertrauen und ein positives Umfeld. Das schützt nicht nur Lehrkräfte, sondern macht Schulen zu Orten, an denen sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sicher, gesehen und ernst genommen fühlen.“
Ursachen benennen und angehen
Die Gründe, wieso es an Schulen zu physischer Gewalt kommt, sind vielseitig. Häufig handelt es sich um Reaktionen auf psychische oder strukturelle Gewalterfahrungen, wie Mobbing, Ausgrenzung, Benachteiligung oder mangelnde Hilfe. Die Ursachen liegen oft in sozialen Missständen wie Armut, familiären Problemen, Perspektivlosigkeit und Rassismus.
„Selbstverständlich können Schulen nicht all diese Probleme auffangen“, meint Ahmadyar. „Aber sie können einen wichtigen Beitrag leisten, etwa durch psychologische und pädagogische Angebote und Anti-Mobbing-Programme. Vor allem braucht es auch Förderung von sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern.“
Rassismus bekämpfen – auch an Schulen und in Medien!
Ahmad Omeirat, LICHT-Abgeordneter im Rat der Stadt Essen, kritisiert die Berichterstattung über den Essener Messerangriff:
„Schnell wurde der Migrationshintergrund des Täters in den Fokus gerückt und mit dem Begriff ‚Messermann‘ ein so dummer wie vorbelasteter Begriff genutzt. Dabei werden Amokläufe an Schulen unverhältnismäßig häufig von Tätern ohne Migrationshintergrund begangen.“ Derlei Berichterstattung sei „letztlich nichts anderen als rechte Stimmungsmache“, so Omeirat. „Im Übrigen werden 85 Prozent aller Amokläufe von Männern begangen. Wer käme auf die Idee, das zum Thema zu machen und Männer pauschal als Gefahr abzustempeln?“
Ahmadyar betont, dass es sich nicht nur um eine Problem der Medien handelt:
„Es gibt leider auch unter Pädagogen weitverbreitete Vorurteile bis hin zu offenem Rassismus. Das ist besonders dramatisch, weil diese Menschen es zum einen besser wissen müssten. Zum anderen haben sie eine Verantwortung und es besteht ein hierarchisches Gefälle zwischen Lehrenden und Lernenden.“
Hier brauche es Sensibilisierungsarbeit, Aufklärung und Schulungen zu Rassismus, Flucht und Migration sowie Traumata gerade für Lehrpersonal.